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Serie Starting Colts (3)
Erste Bodenarbeit und Hufe Geben
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„Colt Starter“, so nannte man in den USA die Personen, die fast ausschließlich für das Einreiten von Jungpferden zuständig waren. Oft verstand man unter „Colt Starting“ das schnelle Einreiten von Pferden, bis es aufgibt und nicht mehr buckelt. Die Methoden dabei waren oftmals alles andere als pferdeschonend, und der Job wurde nicht selten von ehemaligen Rodeoreitern übernommen – ein Vorgehen mit Konzept und Rücksichtnahme auf die Psyche des jungen Pferdes war dabei sehr selten. Damals war das Einreiten etwas für mutige Mannsbilder, und die Arbeit sollte meist in wenigen Tagen erledigt sein. Bodenarbeit war ein Fremdwort und nichts für „harte Männer“.

Die Zeiten haben sich geändert und – Gott sei Dank – herrscht bei uns ein anderes Bewusstsein, was den Umgang mit Pferden betrifft. Schon seit einiger Zeit weiß man, dass gerade die ersten Erfahrungen, die ein junges Pferd bei der Zusammenarbeit mit dem Menschen macht, von prägender Bedeutung sein können. Aus diesem Grund schätzt man heute ein solides Basistraining, weil es ein Fundament ist, auf das man immer wieder zurückgreift.




 

Wir verlangen am Anfang der Jungpferdearbeit, dass das Tier mit seinen Gewohnheiten bricht, zeitweise von der Herde getrennt ist und nun den Menschen als Alphatier akzeptieren soll. Darum sollten wir bemüht sein, durch pferdeverständliche Signale einen Zugang zum Pferd zu finden. Deshalb ist Bodenarbeit und moderne Pferdekommunikation ein für mich unentbehrlicher Bereich des Trainings, um einen ersten Zugang zu dem Tier zu bekommen.

„Dem jungen Pferd geht es am Anfang der Ausbildung ähnlich wie uns in einem fremden Land, wenn wir der Sprache nicht mächtig sind. Wir fühlen uns hilflos und können uns nur schwer mitteilen.“

Heutzutage gibt es viele Seminare, die gerade diesen wichtigen Bereich abdecken und das Miteinander zwischen Mensch und Pferd fördern. Sie alle versuchen, durch verschiedene Übungen ein Vertrauen/Respekt-Verhältnis aufzubauen und den Menschen in die Rolle des Alphatieres schlüpfen zu lassen. Da es mir persönlich immer wichtig war, das „Warum?“ zu verstehen und auch zu vermitteln, werden hier nun einige wichtige Gründe aufgeführt, warum der Mensch unbedingt die Rolle des Alphatieres übernehmen sollte:
Rangniedere Tiere weichen den Ranghöheren. Dies ist für die Bodenarbeit und die späteren Hilfen am Pferd von großer Bedeutung. Denn auch bei Schenkelhilfen und der Arbeit mit Sidepull, Halfter oder Gebiss sollten Pferde dem Druck weichen.

Ein weiterer bedeutender Grund ist die Tatsache, dass Alphatiere zwar Platz für sich beanspruchen, jedoch als Gegenleistung den rangniederen Tieren auch Schutzraum bieten. Denn in der Natur verteidigen Alphatiere im Fall von Angriffen ihre Herde an vorderster Front, sie geben die Fluchtrichtung an oder gehen z.B. auch beim Durchqueren eines Flusses voraus.

„Alphatiere kontrollieren die Bewegungsrichtung von rangniederen Tieren und sorgen durch ihre Schutzfunktion, die sie übernehmen, für eine mentale Zufriedenheit – das sollten wir uns zu Nutze machen!“

Bevor wir jedoch mit dem Training beginnen, müssen wir uns Grundsätze vor Augen halten, ohne die es nicht geht und die wir gerade bei der Erarbeitung von neuen Dingen unbedingt berücksichtigen müssen.

Wodurch lernen Pferde?

Grundlegend lernen Pferde durch „Druck wegnehmen“. Jeden Druck den wir aufbauen, sollte das Pferd als eine Aufgabe verstehen, die wir ihm stellen. Und wenn wir eine Aufgabe stellen, sollte das Pferd nach der Lösung suchen. Findet das Pferd die Lösung, belohnen wir es sofort mit „Druck wegnehmen“ und Pause! Dieses „Druck wegnehmen“ zieht sich wie ein roter Faden durch die weitere Ausbildung des Pferdes. Ein Hund, dem man das Kommando „Sitz“ sagt, braucht dieses Kommando nicht nochmal hören, wenn er diesem schon gefolgt ist. Und genauso gehen wir bei der Erziehung von jungen Pferden vor. Wie bei allen Lernprozessen sind Wiederholungen in regelmäßigen Abständen sehr wichtig. Durch Wiederholungen entsteht Sicherheit, und durch Sicherheit entsteht Routine.

„Das Wiederholen eines bestimmten Ablaufs ist besonders dann wichtig, wenn dabei Missverständnisse entstanden sind und wir „Widerstand“ geerntet haben. Denn manche Dinge werden bei den ersten Versuchen kurzfristig schlechter bevor sie besser werden“.

Hierzu das Beispiel des ersten Aufhalfterns eines Fohlens. Hierbei kann es ab und zu einem kleinen, sanften „Ringkampf“ kommen, deshalb sollte diese Aufgabe wiederholt werden, um jeden Tag besser zu werden. Ich halte es für sinnvoll, an allen neuen Dingen kontinuierlich zu arbeiten, um Sicherheit und Routine entstehen zu lassen.



Was ein Fohlen lernen sollte und ein Jungpferd gelernt haben muss

Während der ersten sechs Monate stehen für Fohlen folgende Dinge auf dem Lehrplan:
 Es muss an Berührungen gewöhnt werden (besonders an den Beinen). 
Es muss lernen, sich aufhalftern zu lassen und sich neben der Stute führen zu lassen. 
Hufe geben ist ebenfalls ein wichtiger Übungspunkt.

Kritisch ist das Anbinden von Fohlen. Dies sollte bei wenigen Wochen alten Fohlen nur bedingt praktiziert werden, da es dabei zu übertriebenen Fluchtreaktionen kommen kann. Die Knochen des Fohlens sind noch sehr weich, und es könnte sich evtl. an einer harten Wand schwer verletzten. Anbinden sollte man daher in den ersten Wochen lediglich in der Box simulieren, indem man den Strick festhält und entsprechend reagieren kann.

Unbedingt sollte dieser Lehrplan ständig wiederholt werden, um die Prozesse zu verbessern. Die Übungen sollten nicht versäumt, verschoben oder halbherzig angegangen werden!

Beim heranwachsenden Pferd spürt man schnell, welche Dinge während der Aufzucht gefestigt worden sind, und welche dagegen noch zu Stress führen. Dann steht in den ersten Wochen ein gewisses Handlingtraining im Vordergrund. Natürlich tritt bei einer Veränderung wie z.B. einem Stallwechsel in den ersten Tagen eine Unsicherheit auf. Fehlende Artgenossen, Veränderung des Lebensrhythmus usw. führen dazu, dass sich ein Jungpferd verlassen und in eine andere Welt versetzt fühlt und verstört reagiert. Deshalb sollten wir ab dem ersten Tag des Stallwechsels durch ständige Wiederholungen auch hier versuchen, beim Pferd wieder eine Routine entstehen zu lassen.



Ein Jungpferd kommt ins Training

Während den stressigen ersten Tagen nach „Schulbeginn“ gibt es bestimmte Reaktionen, die ich ignoriere, und welche, die ich sofort korrigiere. Die Unruhe in der Box, ein Schreien nach Artgenossen und ein unruhigeres Verhalten beim ersten Putzen ignoriere ich. So ist z.B. normal, dass das junge Pferd nach Artgenossen schreit und evtl. am neuen Putzplatz unruhig ist, auch wenn es Zuhause bisher „immer brav war und das noch nie gemacht hat“. Dieses unruhige Verhalten ignoriere ich, solange das Pferd mich nicht zur Seite drückt und umrennt. In der Regel wird es sich bald an diesen Putzplatz gewöhnen und beginnen, sich dort wohl zu fühlen. Wenn es später öfters an verschiedenen Plätzen (durch Kurse, Turniere, Wanderritte) geputzt wird, stellt dies auch irgendwann kein Problem mehr dar, wenn das Pferd selbstsicher geworden ist.

Jedes Verhalten, das jedoch meine Position als „Alphatier“ in Frage stellt, korrigiere ich sofort. Umrennen oder wegdrücken gehören beispielsweise dazu – dies sind Verhaltensmuster, die sofort korrigiert werden müssen, da auch in einer neuen Herde darauf keine Rücksicht genommen wird. Vom ersten Tag an stellt jedes Alphatier eindeutig klar, welche Position es innerhalb der Herde hat! Hier sagt auch kein Pferd: „Du, der ist heute erst gekommen, da darf er uns mal umrennen und wegdrücken“!

Die innere Unruhe der ersten Tage und die Unsicherheit nehme ich dem jungen Pferd nicht übel. Tritt es uns jedoch auf die Füße und will unseren Platz beanspruchen, schicken wir es deutlich zurück und nehmen den Druck sofort weg, sobald es „für uns Platz gemacht hat“ und zur Seite gewichen ist. Manche Pferdetypen scheinen hierbei vom Herrgott mit wenigen Rezeptoren ausgestattet zu sein und beharren seelenruhig auf dem einmal gewonnen Platz. Statt zu versuchen, das Pferd nun wegzudrücken, arbeite ich hier lieber kurz mit „erschrecken“ und klatsche laut in die Hände oder Ähnliches. Damit kann man manche dieser „Ottfried Fischer- Typen“ mobil bekommen. Aber Vorsicht: Ein sensibleres Pferd kann man dadurch schon erschrecken oder scheuer machen. Gefühl und die richtige Einschätzung sind gefragt.

Hufe geben

Nicht selten kommen Jungpferde mit katastrophalem Hufen bei uns an. Sie haben teilweise schon seit Monaten keinen Schmied mehr gesehen. Wenn ich dann versuche, die Füße aufzuheben, merke ich auch ganz schnell den Grund für diesen Zustand. Hier wurde etwas versäumt! Vermutlich wurde schon beim Fohlen vernachlässigt, das „Hufe geben“ zu üben, oder man hat es auf die lange Bank geschoben und während der Aufzucht auch keine Möglichkeit gehabt, weil der Aufzuchtsbetrieb womöglich etliche Kilometer entfernt war.

Wenn es dann noch ganz schlecht gelaufen ist und der Hufschmied sich um das Erlernen der Hufe geben kümmern sollte, haben wir oftmals ein Problem, denn dieser wird dann oft auf etwas robustere Art und Weise seinen Job gemacht haben. Dem Hufschmied kann man aber kaum einen Vorwurf machen, denn es ist nicht seine Aufgabe, ein Pferd zu erziehen, und natürlich will der Hufschmied gefahrlos seinen Job erledigen können. Einzig sinnvoll ist es, auch an diesem Problem systematisch und regelmäßig zu arbeiten, um es zu verbessern.

„Wenn wir ein junges Pferd mit mangelnder Hufschmiedevorbereitung haben, trainieren wir lieber noch eine Woche am „Hufe geben“ und stellen es dem Schmied erst dann hin, wenn dieser seine Arbeit ohne größere Probleme erledigen kann.“

Durch meinen Bruder, der Hufschmied ist und auf der Hufschmiedeschule in Oklahoma war, habe ich schon vor über 20 Jahren Techniken gelernt, die dieses Problem verbessern. Auch in den USA gibt es nicht selten „Wildfänge“, die irgendwann mal einen Schmied brauchen.

Es ist normal, dass ein Fohlen Berührungen an den Beinen zunächst nicht duldet. Die Natur hat es eingerichtet, dass es nichts an seine Beine lässt, da die Beine die einzige Waffe sind, die es bei einem Angriff zur Verfügung hat – es rennt davon. Da das Treten von Fohlen bei plötzlichen Berührungen ein naturgegebener Reflex ist, macht es für mich keinen Sinn, ein Fohlen dafür zu strafen. Und da nicht nur der Tritt eines erwachsenen Pferdes, sondern auch der eines Fohlens sehr schmerzhaft ist, versuche ich dies zu vermeiden und gehe wie folgt vor – egal, ob es sich um ein Fohlen, einen Halbwüchsigen oder um ein erwachsenes Pferd handelt:

 1.) An Berührungen gewöhnen

Zunächst muss das Pferd lernen, Berührungen zu dulden. Dazu verwende ich eine Gerte. Mit dieser streiche ich über die Kruppe des jungen Pferdes bis hinter zu den Beinen. Kickt das Pferd nach der Gerte, ignoriere ich das, lasse die Gerte aber am Bein. Wie schon erwähnt, lernen Pferde durch Druck wegnehmen. Deshalb warte ich auf den Moment, wo das Kicken aufhört und entferne dann die Gerte sofort!

So lernt das Pferd, zu entspannen und Berührungen zu dulden. Der Gerte tut ein Tritt nicht weh, unserer Hand jedoch schon. Und da unsere Hand unweigerlich bei einem Tritt wegzuckt, würde dieses „negative Erfolgserlebnis“ dazu führen, dass das Pferd noch länger kickt. Durch einige Wiederholungen der beschriebenen Prozedur lässt sich das junge Pferd jedoch bald überall an den Beinen mit der Gerte berühren und streicheln. Nun haben wir die Vorraussetzung für die nächste Stufe geschaffen.

 2.) Das erste Aufheben der Hufe

Das Aufheben der Hufe kann nun erneut zum Kicken oder Wegziehen führen. Niemand von uns möchte von einem Pferdehuf getroffen werden, und Hufschmiede könnten ein Lied davon singen. Deshalb versuche ich als nächstes erneut, sinnvoll, zielorientiert und ohne „negative Erfolgserlebnisse“ für das Pferd daran zu arbeiten durch die Zuhilfenahme eines Seiles:
Die Arbeit mit dem Seil ist für mich eine Technik, die nicht nur schwierigen Pferden helfen kann, sondern sie ist auch bei Jungpferden ein gutes Mittel, um sie optimal für Arbeiten am Huf, insbesondere an den Hinterhufen, vorzubereiten.

„Die Arbeit mit dem Seil hat nichts mit Gewalt, sondern vielmehr mit Gefühl, Timing, Ruhe und guter Vorbereitung zu tun.“

Durch die gute Vorbereitung mit der Gerte müsste unser Pferd nun Berührungen überall am Bein und auch an der Fessel ruhig und entspannt akzeptieren. Daher sollte es nun leicht sein, ein Seil um die Fessel anzulegen. Ich kann nun statt mit der Hand durch Zug an dem Seil das Pferd auffordern, den Huf zu heben. Es wird vermutlich genauso „zappeln“, wie wenn ich den Huf mit der Hand aufheben würde. Jedoch muss ich nicht loslassen und selbst wenn es treten würde, passiert mir nichts und ich muss nicht weg springen.

GANZ WICHTIG ist nun, jede Form des Entspannens und Lockern des Beines sofort mit „Huf abstellen“ zu beantworten. Ich wiederhole das mit Gefühl mehrmals. Den Huf langsam am Seil unter den Körper nach vorne ziehen, auf die Sekunde des Entspannens warten und sofort abstellen. „Bringt das Pferd Widerstand, versucht wegzuziehen oder gar zu treten, strafe ich es nicht, sondern warte auf den Moment, bis das Pferd die Lösung der Aufgabe (Bein locker lassen) findet.“ Ist es mir nun mehrfach gelungen, dass Hinterbein ohne Probleme unter den Körper (also nach vorne) zu bekommen, versuche ich es auch mit einigem Abstand (!) nach hinten raus und gehe dabei nach dem gleichen Prinzip vor.

Nach einigen Einheiten lernt ein Pferd in der Regel sehr schnell, das Bein zu entspannen und sich auch mental mit der Situation abzufinden.

 3.) Vorbereitung auf den Hufschmied

Nun können wir, ohne getreten zu werden oder gar in den Ringkampf mit einem Pferdebein zu müssen, sicher den Huf aufheben und auskratzen. Dies beinhaltet jedoch noch lange nicht, dass der Hufschmied seine Arbeit ohne Schwierigkeiten ausführen kann. Denn oftmals ist nicht das Aufheben, sondern vielmehr das Nageln ein Problem, und nicht wenige Pferde reagieren anfangs mit Unsicherheit. Eine ganz simple Übung kann frühzeitig das Nageln simulieren: Beim Auskratzen drehe ich den Hufkratzer um und klopfe damit leicht gegen die Sohle. Somit mache ich es mit dem „Nageln“ vertraut.

Hufschmiede haben einen harten Job und ihnen wird von uns Pferdeigentümern das Leben nicht immer leicht gemacht. Deshalb sehe ich es als unsere Verantwortung sowohl dem Mensch als auch dem Tier gegenüber, sinnvoll an der Vorbereitung zu arbeiten, damit Hufe ordentlich und ohne Stress für die beteiligten Parteien bearbeitet werden können.



Serie Starting Colts
Teil 1: Systematisches und schonendes Training für junge Pferde
Teil 2: Die Voraussetzungen beim Pferd, den Trainingsmöglichkeiten und dem Equipment

Fortsetzung folgt…


Quelle:
Stefan Ostiadal


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z.B. Petra Roth-Leckebusch für den Bereich Zucht.
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